«Ja, es ist eine Art Werkschau», beschreibt Heidi Kny ihre Ausstellung. «Allerdings schafft die Natur die grössten Werke», fügt sie noch an. Steht man vor ihrem Atelier- und Wohnhaus auf Plan da Chavas, nahe beim Hof Vastur ob Sent gelegen, kann man vor allem dem zweiten Teil ihrer Aussage uneingeschränkt zustimmen. Die Zustimmung für den ersten Teil fehlt jedoch nur deswegen, weil zum Zeitpunkt des Gesprächs noch nicht alle Werke aufgebaut waren. Das Haus der Künstlerin liegt inmitten von Bäumen. Jeden einzelnen habe sie selbst gepflanzt, meint die lebenserfahrene Frau verschmitzt. Immer wieder habe sie vom Hang, wo im Senter Wald Holz zu Tale gebracht wird, kleine Bäumchen geholt. Selbstverständlich nur mit Zustimmung der Forstarbeitenden. Und die sind gut gediehen, die Bäumchen. Das liege an der einmaligen Lage mit viel Sonne und auch viel Wasser, denn gerade neben dem Haus plätschert ein Bächlein vorbei, und oberhalb des Hauses liegt ein kleines Moor. Seit 25 Jahren besitzt sie nun zusammen mit ihrem Mann das Haus. Für Kunst interessiert sie sich aber schon viel länger, und selber tätig geworden in der Branche ist sie auch schon vor einigen Jahren.
Ihr Schulweg in Basel, wo sie aufgewachsen ist und auch noch Wohnsitz hat, führte sie an verschiedenen Künstlerateliers vorbei. Oft schlich sie sich in diese Räumlichkeiten und schaute den Kunstschaffenden beim Malen zu, vergass darob die Zeit und kam zu spät nach Hause. Sehr zum Ärger des Vaters, der ihr dann wieder für einige Zeit verbot, die Kunstschaffenden zu besuchen.
Coiffeur statt Kunst
Am liebsten hätte sie nach der obligatorischen Schulzeit dann selber Kunst gemacht und sich entsprechend ausbilden lassen. Aber ... genau – deshalb stieg sie dann ins elterliche Coiffeurgeschäft ein. «Wenigstens durfte ich Frisuren kreieren», erinnert sie sich zurück. Zuvor führten sie ihre Lehr- und Wanderjahre auch nach London an die legendäre Carnaby Street. Diese war in den 60er-Jahren das Epizentrum der Mode und stand für die Swinging Sixties. Weit weg von der profanen Einkaufsmeile, die sie heute ist. Heidi Kny allerdings brach ihre Zelte bereits nach einer Woche wieder ab: «Ich kann nur gut arbeiten, wenn ich mich wohlfühle, und das war dort überhaupt nicht der Fall.»
Ausgesprochen wohl fühlt sie sich dafür auf Plan da Chavas, was für ihre Werkschau viel verspricht. Gut möglich, dass das Wohlgefühl auch mit ihrem Vorgänger an eben jenem Ort zu tun hat. Denn, der Titel der Werkschau sagt es, Heidi Kny war nicht schon immer auf Plan da Chavas.
Prominenter Vorbesitzer
Zuvor gehörte das Haus Max Huggler. Seines Zeichens hoch- und weitherum geschätzter Kunsthistoriker mit Spezialgebiet Paul Klee, zudem auch Direktor des Kunstmuseums Bern und versierter Kunstsammler. Er erstand das einstige Maiensäss vor rund 60 Jahren und liess es von einem Corbusier-Schüler umbauen. Mit Not Vital verband ihn eine Freundschaft, befreundet war er aber auch mit den Knys. Kennengelernt hatten sie sich bei einem Maler im Schwarzwald. Ab und an lud Huggler Knys auf Plan da Chavas ein. Heidi war begeistert und fühlte sich angezogen von diesem Ort. Als dann Huggler 1994 im Alter von 91 Jahren starb, sass sie am Leidmahl nach der Beerdigung zufällig am Tisch des Haupterben. Das Gespräch kam auf das Haus in Sent, und Heidi engagierte sich rund drei Jahre, bis sie Plan da Chavas endlich kaufen konnte. Cla Sarott erweiterte das Haus dann noch um ein Atelier und seither wirkte und wirkt die lebhafte Frau an diesem Ort.
Doch noch Kunst
Denn zur Kunst respektive auch zur Ausbildung ist sie dann doch noch gekommen. Vielmehr überkam es sie nach der Geburt des zweiten Sohnes, dass sie nicht ihr Leben lang zu Hause bleiben wollte, weshalb sie begann, Kurse an der Kunstgewerbeschule zu besuchen.
Und daran, dass sie jetzt eine Werkschau inmitten der Natur um Plan da Chavas mache, sei auch Mario Riatsch ein wenig schuld, sagt sie. Ihn engagierte sie, um eine dann doch zu grosse Lärche zu fällen. Weil Riatsch das von oben nach unten tat und Ast für Ast wegschnitt, sah sie plötzlich das erste Werk vor sich und befahl dem flinken Förster, die Arbeit einzustellen. Nun sind weitere Objekte und Werke dazugekommen, die sich auf ins Gras geschnittenen Pfaden besichtigen lassen. «Grasschnitt anstatt Holzschnitt», liefert Kny die dazugehörige Assoziation. Und die grössten Werke entstehen im Verbund mit der Natur, könnte der Leitfaden für die Werkschau lauten.