Jetzt stehen sie wieder in voller Blüte und Pracht, die Blumenwiesen des Engadins. Ab Mitte Juli dann eher die höher gelegenen, dafür mit einer noch grösseren Blumenvielfalt. Die Wiesen sind eine Freude für Auge und Seele, aber auch Lebensraum für Kleinlebewesen und Vögel sowie Nahrungsgrundlage für allerhand Vieh.
Was die Vögel anbelangt, so nutzen vor allem Bodenbrüter wie Braunkehlchen oder weiter oben auch Feldlerchen die Wiesen als Brutstätte. Damit deren Chance auf eine erfolgreiche Brut steigt, suchen Freiwillige die Nester, markieren diese mit Pföstchen und versuchen die Bauern davon zu überzeugen, ein Stück Wiese um die Nester stehen zu lassen. Das klappt praktisch immer wunderbar. Weniger wunderbar ist es dann aber, wenn neugierige Wanderinnen oder Spaziergänger denken, sie müssten sich jetzt ganz genau anschauen, was wohl zwischen den Pfosten ist. Denn dabei trampeln sie erstens das Gras zu Boden und legen im dümmsten Fall eine Spur zum Nest, welche Räuber wie Fuchs oder Marder dankend annehmen. Auch freilaufende Hunde sind kein Gewinn für die Vögel. Insbesondere dann nicht, wenn die Vierbeiner die Nester finden und gleich selbst plündern. Angeleinte Hunde hingegen können das nicht tun.
Bei den Hunden kommt noch ein weiteres Problem dazu, das sich Neosporose nennt. Kotet der Hund unbemerkt in die Wiese oder bemerkt, aber der Kot wird nicht beseitigt, kann es sein, dass der Kot ins Viehfutter gelangt. Seltener beim Heu, oft aber beim Silo. Fressen die Tiere dann das derart verschmutzte Futter, können sie sich dabei mit dem Protozoon neospora canium infizieren. Das kann bei Kühen dazu führen, dass sie «verwerfen», heisst, dass der Embryo abstirbt und es zu einer Totgeburt kommt. Vor allem aber werden sie die Infektion nicht mehr los. Einmal infiziert, müssen die Kühe geschlachtet werden, da bei jeder neuen Trächtigkeit wieder das Risiko eines Abortes besteht.
Also gerne Hunde anleinen, Kot zusammennehmen und sich weiterhin an den farbenprächtigen Wiesen freuen.