Julius Jacobs
Julius Jacobs lebt zurzeit in Kopenhagen. Er verliess das Engadin, um die Welt, verschiedene Kulturen und neue Menschen kennenzulernen und um zu verstehen, wie alles funktioniert. Er sagt: «Das Engadin ist wunderschön, aber wenn man die Welt kennenlernen und wissen möchte, wie alles funktioniert, kann man nicht an einem Ort bleiben, der sich in fünf Jahren noch immer nicht verändert hat.» Die Entscheidung, das Engadin zu verlassen, war ihm schon in sehr jungen Jahren bewusst, auch weil seine Familie sehr multikulturell ist und er schon sehr früh viele verschiedene Kulturen und Länder besucht hat. Für ihn sei schnell klar gewesen, dass er nicht für immer hier bleiben würde. Doch die Entscheidung, das Engadin ganz zu verlassen, kam über Nacht.
Seit Jahren habe sich im Engadin nichts geändert, begründet Jacobs seinen Entscheid. Es sei immer das Gleiche. Für viele zwar etwas Grossartiges, jedoch nicht für die Jugendlichen, die neugierig sind und mehr sehen und Abenteuer erleben wollen. Die Menschen sollten offener gegenüber neuen Menschen und Kulturen werden und einiges ändern, sodass die Jugendlichen noch immer das Interesse haben, weiterhin hierzubleiben.
Julius ist nun seit neun Monaten in Kopenhagen, und Mitte April kam er zum ersten Mal wieder ins Engadin. Natürlich vermisst er seine Heimat, doch er ist auch froh, dass er weggegangen ist. So konnte Julius neue Menschen kennenlernen und mehr Abenteuer und anderes erleben. Sobald man weg vom Engadin sei, verändere man sich etwas – im positiven Sinne – und vieles, das man vorher so oder so gesehen hat, würde sich ändern. Man werde zwar nicht komplett zu einem anderen Menschen, doch der Blickwinkel verändere sich.
Fabio Carpanetti
Fabio Carpanetti musste weg aus der Heimat, um eine Lehre beginnen zu können. Mit 15 Jahren entschied er sich, das Engadin zu verlassen. So sagt er: «Ich wollte schon immer fort vom Engadin, früher oder später. Grund dafür ist auch, dass man mehr Möglichkeiten hat und dass es für die jungen Leute im Unterengadin nicht so viel Auswahl hat.» Doch natürlich vermisst auch er die Familie und Freunde, die noch im Engadin sind. Das einzig Schwierige beim Wegziehen sei, eine Wohnung zu finden. Eine Stelle zu finden sei hingegen dann doch leichter. Doch wie sind die Menschen dort? Sind sie anders als die Einwohner*innen des Unterengadins? «Die Menschen hier sind viel offener im Vergleich zu anderen. Es ist viel weltoffener.»
Gianluca Mayer
Gianluca Mayer wollte seinen Traum verfolgen und Helikopterpilot werden. Weil es im Engadin keine Schule gab, musste er weggehen. Seine Lehre machte er bei der Tourismus Engadin Scuol Samnaun Val Müstair AG. Gerne ging er auch in die Berge zum Skifahren und schwang sich im Sommer auf das Motorrad. Nach dem Militär ging er nach St. Gallen, um seinen Traum zu verwirklichen. Für ihn war es jedoch leichter, seine Heimat zu verlassen als für andere, da er nie so stark am Engadin hing. Eine Wohnung zu finden, sei immer eine Herausforderung, zudem ist St. Gallen weit weg vom Engadin. «An einem Tag musste ich mir zwölf Wohnungen anschauen», sagt Gianluca. Als er wegzog, um Helikopterpilot zu werden, hat er sich stark auf seinen Traum konzentriert und lernte viel. Neue Kontakte knüpfte er durch die Schule und die Arbeit. Sobald man seine Heimat verlässt, müsse man selbstständig werden und könne nicht immer Mama oder Papa holen. Es sei ein Schritt, um erwachsen zu werden und die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Dies ist am Anfang sicher auch nicht so leicht. Aber vermisst man das Engadin überhaupt? Gianluca erzählt: «Manchmal fehlt mir meine Heimat schon. Die Familie, Freunde und einfach die Heimat ganz generell. Die Berge fehlen einem, die schöne Sprache Romanisch sowie auch die Menschen, die verschiedenen Orte, die man kennt und die man als Kind so geliebt hat. Der Ort, wo man aufgewachsen ist, der fehlt einem schon.»
Wieder zurück
Nach vielen Jahren mit Reisen oder sogar dem Umzug in ein anderes Land oder in einen anderen Kanton kehren viele aber wieder ins Engadin zurück. Aber warum? Das Engadin ist ein guter Rückzugsort mit viel Ruhe und einer traumhaften Berglandschaft. Seinen Geburtsort zu verlassen, ist nie einfach. Jedoch kommen viele wieder heim, da sie vieles gesehen und erlebt haben und das Engadin einfach vermissen. Alle sollten das Engadin einmal eine Zeit lang verlassen, um mehr zu erleben und mehr kennenzulernen. Vor allem in den Jugendjahren scheint das Engadin nicht so attraktiv zu sein, sodass die Jungen weg möchten, um das Leben zu geniessen. Mit der Zeit wird ihnen das Tal aber stark fehlen, denke ich. Nicht nur die fantastische Aussicht, nein, auch die Menschen, die Sprache und die verschiedenen Orte, die man so liebt. Die Kultur fehlt einem. Die verschiedenen Traditionen oder auch das leckere Essen wie Cullas da Vnà, Plain in Pigna oder das gute Tschliner Bier. Doch nicht erst ein Grossteil der Generation Z verlässt das Engadin, nein, auch früher gingen die jungen Leute in andere Länder. Die meisten gingen in die USA, um dort Englisch zu lernen, weil Englisch damals noch kein Schulfach war.
Dea Caprez
Auch Dea Caprez verliess seine Heimat. Er ging auf Reisen. Er wollte schon seit einigen Jahren eine Reise machen, auch um eine neue Sprache zu lernen. Anfangs fehlte ihm die Motivation, um dies zu verwirklichen. Doch im Oktober begann er mit einem Freund, grob an einer Reise zu planen. In der Zeit, in der er noch im Engadin war, machte er eine Lehre als Forstwart und hat danach in einem Privatunternehmen für Waldwirtschaft gearbeitet. Im Engadin geht er gerne Rad fahren, auf die tollen Engadiner Berge, rennt oder macht auch Skitouren.
«Am besten gefallen auf der Reise haben mir die Bekanntschaften und die Freundschaften, die ich überall geschlossen habe. Aber auch die verschiedenen Städte und die neuen Orte, die ich entdeckt habe», erzählt Dea. Seit vier Monaten ist Dea Caprez nun auf seiner Reise, und das genügt ihm. Natürlich könnte man noch viel länger reisen, doch man dürfe nicht vergessen, dass im Engadin auch noch Verantwortung auf einen warte. «Wie mein Vater mir schon immer sagte: In die Welt hinauszugehen und den Horizont zu erweitern, ist das Beste, was du machen kannst, wenn du noch jung bist», verrät er und stimmt seinem Vater vollkommen zu. Die verschiedenen Erfahrungen, die Dea gemacht hat, werden ihm für immer in Erinnerung bleiben. Doch natürlich würde man nicht immer die besten Erfahrungen in fremden Ländern machen. Man könne schnell einmal verloren gehen, wenn man sich nicht auskennt. Doch das sollte nicht immer als negativ angesehen werden, so könne man auch wundervolle Orte entdecken. Dies geschah auch ihm und seinen Freunden, und das im positiven Sinn. So haben sie sogar ein paar Tage an einem Ort verbracht, wo sie auch super surfen konnten. Auf alles könnte man sich heutzutage auch nicht mehr verlassen, so hätte der Flieger von Dea in Amerika technische Probleme gehabt und er hätte insgesamt drei Tage warten müssen, bis er seine Reise fortsetzen konnte. Doch für die Technik kann man auch sehr dankbar sein. Durch das Mobiltelefon konnte Dea während seiner ganzen Reise doch noch in Kontakt mit der Heimat bleiben. «Es ist ein Gefühl voller Freiheit, die Möglichkeit zu haben, so spontan wie noch nie zu sein.» Aber nach einer so langen Zeit in so vielen verschiedenen Ländern, wer vermisst da nicht das Engadin? Grosse Sehnsucht nach dem guten Essen und dem frischen Wasser habe er, und seine Heimat vermisse er auch. Er sagt: «Auch wenn die Welt gross und voller Wunder ist, wird meine Heimat immer die schönste sein und das wird sich auch nicht ändern. Auf meiner Reise wurde mir noch mehr gezeigt, in was für einem Paradies wir eigentlich leben. All die Möglichkeiten und die Sicherheit, die in unserem Tal geboten werden, sind etwas Einzigartiges.» Das Engadin wird nun sicher auch gespannt sein, was uns Dea noch alles über seine Reise erzählen wird.