Johann Coaz erblickt am 31. Mai 1822 in Antwerpen das Licht der Welt. Sein Vater steht als Berufsoffizier in holländischen Diensten. Die Jugend verbringt Coaz in Chur, wo er seine Begeisterung für die Natur im Allgemeinen und die Gebirgswelt im Besonderen entdeckt. In Ermangelung einer geeigneten Ausbildungsstätte in der Schweiz studiert er von 1841 bis 1843 an der Sächsischen Forstakademie in Tharandt bei Dresden. Dort erhält er auch Einblick ins Vermessungswesen. Zurück in der Schweiz findet er Anstellung im Eidgenössischen Topografischen Büro, das unter der Leitung von Oberst Henri Dufour steht. Von 1844 bis 1851 ist Coaz hauptsächlich im Engadin unterwegs, um Kartenblätter zu erstellen. Er entwickelt sich zum leidenschaftlichen Bergsteiger und gilt für nicht weniger als 34 Gipfel als Erstbesteiger. So hat er auch dem Piz Quattervals, der heute im Schweizerischen Nationalpark SNP liegt, den Namen gegeben. Sein Husarenstück ist die Erstbesteigung des Piz Bernina am 13. September 1850.
Initialzündung Tamangur und wichtige Begegnungen
Im Rahmen seiner Vermessungstätigkeit lernt Coaz auch den Arvenwald von Tamangur in der Val S-charl kennen. Jahrzehnte später kehrt er mit seinem Freund Carl Schröter, Professor für Botanik an der ETH Zürich, hierher zurück. Gemeinsam verfassen sie eine Publikation, die 1906 in der Neuen Zürcher Zeitung abgedruckt wird und aus der die viel zitierte Textstelle stammt: «Dieses Tal würde sich vortrefflich zu einem schweizerischen Nationalpark eignen, wo keine Axt und kein Schuss erklingen dürfte ...». Als wenig später die Schweizerische Naturschutzkommission zum ersten Mal tagt, regt Schröter die Schaffung eines Nationalparks an und verknüpft sie mit Tamangur. Der Präsident der Kommission, Paul Sarasin, macht sich zusammen mit seinem Vetter Fritz Sarasin im Sommer 1908 auf, um einen Augenschein vor Ort zu nehmen. Durch die zufällige Begegnung mit dem einheimischen Botaniker Steivan Brunies beim Hotel Il Fuorn rückt jedoch die Val Cluozza in den Fokus. Ein neu geschaffenes Reservationskomitee soll nun das Nationalparkprojekt speditiv vorantreiben. Neben den Sarasins, Schröter, Brunies u.a. soll auch Coaz darin Einsitz nehmen. Coaz aber, kluger Taktiker und gewiefter Stratege, lehnt ab. Als Eidgenössischer Oberforstinspektor befürchtet er einerseits eine Ämterkollision. Andererseits kann er frei von offiziellen Verpflichtungen bei den wichtigen Personen bis hinauf zum Bundesrat persönlich lobbyieren.
«Neutraler» Helfer in der Not
Das Taktieren hinter den Linien wird auch bald nötig. Dem laufenden Nationalparkprojekt droht nämlich das Geld auszugehen. Die Promotoren sind der Meinung, dass der Bund das nationale Werk subventionieren soll. Coaz selbst erhält den Auftrag, einen Grundlagenbericht als Entscheidungsgrundlage zu verfassen. Die Botschaft, die der Bundesrat schliesslich zuhanden des Parlaments verabschiedet, ist in weiten Teilen mit dem Gutachten von Coaz identisch. Nach einer weiteren Exkursion mit Kommissionsmitgliedern von National- und Ständerat in die Val Cluozza im Juli 1913 stimmen schliesslich National- und Ständerat der Gründung des SNP zu.
Eine Suite zum 200. Geburtstag
Am 31. Mai jährte sich der Geburtstag von Johann Coaz zum 200. Male. Für Köbi Gantenbein mit seiner «Bandella delle Millelire» Grund genug, eine ganz besondere Suite zu komponieren. Zehn Musikant*innen erzählen in Tönen und Worten das lange und schillernde Leben des vielseitigen Pioniers. Die manchmal dramatische, dann wieder verträumte oder tänzerische Musik stammt teilweise aus der Sammlung von Steivan Brunies, dem ersten Oberaufseher des Nationalparks und Mitstreiter von Coaz.
Den vollständigen Artikel finden Sie in der Informationszeitschrift des Schweizerischen Nationalparks CRATSCHLA 1/22.
In der CRATSCHLA 2/22 erscheint ein Artikel über das Wirken von Coaz in der Umgebung von Zernez mit zahlreichen Originalzitaten aus seinen Tagebüchern.