Wohl heisst die Therapie «Atemtherapie», trotzdem ist es nicht ganz das, was man sich darunter vorstellt. Vorausgesetzt natürlich, man stellt sich unter Atemtherapie vor, dass man unter Anleitung Atemübungen macht.
Christina Koller verfolgt in ihrer Praxis «Sanajer» (Romanisch für «gesunde Luft») vielmehr einen ganzheitlichen Ansatz. Die gelernte Sozialarbeiterin hat sich in vier Jahren zur Atemtherapeutin ausbilden lassen. Dabei sei es auch um Massagetechniken, Psychologie und andere Körperarbeit gegangen, sagt sie.
Im Zentrum aber stand der Atem, da dieser das Sprachrohr oder eine Art Verbindung zwischen Körper und Gehirn ist. Der Atem, so die Therapeutin, spiegle jeden Moment unseres Lebens, also Gefühle wie beispielsweise Trauer, Wut oder Verliebtheit. In jeder Situation «fliesst» der Atem anders, allerdings helfe der Ratschlag «erst einmal tief durchatmen» nicht immer. Je nach Typ und Zustand könne sich die Wut so bis zur inneren Explosion steigern. Ziel ihrer Sitzungen, die Stunden oder auch Tage dauern können, ist es, den eigenen Atem und damit auch den Körper in jeder Situation bewusst wahrzunehmen. Denn gerade in Stresssituationen funktioniere das Stammhirn immer noch wie bei den Höhlenbewohner*innen und versetze uns entweder in den Zustand «kämpfen», «flüchten» oder «tot stellen», wie damals, als der Säbelzahntiger angriff.
Den Atem wahrnehmen
Das Problem sei aber, dass viele Menschen permanent in einem dieser drei Stresszustände lebten und gar nie mehr zur Ruhe kämen. Dabei würden die Leute weder den Atem noch den Körper spüren und könnten so gar nicht mehr entspannen. Gelingt es, den Atem wieder bewusst wahrzunehmen, würden schon drei Atemzüge genügen, um aus dem Stressmodus zu kommen. Allerdings ist sie keine Verfechterin davon, möglichst schnell aus bestimmten Stimmungs- und Gefühlslagen herauszukommen. Auch darauf sei der Körper programmiert, allerdings gelinge es nur wieder unter Stress, in die andere Situation zu kommen. Viel besser sei es, die Gefühle anzunehmen, auszuhalten und auf diesen Wellen zu surfen, denn diese seien nach spätestens 20 Minuten abgeebbt. Und eben, bewusst auf den Atem zu achten und diesen zu spüren. «Wo ist er jetzt gerade?» lautet die Frage dazu.
Koller unterstützt die Suche mit entsprechender Körperarbeit wie beispielsweise Massage, aber auch mit Spaziergängen in der Natur, verbunden mit bewusstem Atmen – durch die Nase.
Auch Long-Covid lasse sich damit lindern, hat sie am eigenen Körper erfahren.
Und falls das jetzt zu theoretisch war, hilft vielleicht ein Selbstversuch, auch wenn man «gesund» ist.