Invasive Arten sind auf dem Vormarsch ...
Die Welt wird immer vernetzter. Die Globalisierung betrifft aber nicht nur Bereiche wie Politik, Wirtschaft und Kultur, sondern auch die Umwelt. Handelswege und erhöhte Mobilität führen dazu, dass manche Tier- und Pflanzenarten natürliche Barrieren wie Ozeane und Gebirge überwinden und sich an neuen Standorten ansiedeln. Auch in der Schweiz nimmt seit rund 200 Jahren die Anzahl an gebietsfremden Arten zu. Manche dieser Arten, sogenannte invasive Arten, breiten sich stark aus und sind eine Gefahr für lokale Ökosysteme. Die Einwanderung in Berggebiete ist bisher langsamer und spärlicher als in tiefer gelegene, wärmere, dicht besiedelte Regionen. Durch die menschliche Mobilität und den fortschreitenden Klimawandel werden in Zukunft aber auch höher gelegene Regionen, wie das Engadin, stärker von invasiven Arten betroffen sein.
... jedoch (noch) kaum im Schweizerischen Nationalpark
Im SNP ist die Anzahl gebietsfremder Arten zurzeit noch überschaubar. Zwar sind entlang der Ofenpassstrasse mittlerweile wesentlich mehr gebietsfremde Pflanzen zu finden, als noch vor rund 10 Jahren. Unter ihnen befinden sich jedoch keine invasive Arten. Mit Ausnahme von zwei, vom Menschen direkt eingebrachten Fischarten (Regenbogenforelle, Kanadischer Seesaibling) sind keine Populationen von invasiven Tier- und Pflanzenarten im SNP bekannt. Aber Achtung! Im Umkreis von fünf Kilometern um die Parkgrenze sind mehrere invasive Arten vorhanden, die das Potential haben, sich in naher Zukunft im Parkgebiet anzusiedeln (siehe Bild). Die Auswirkungen auf die streng geschützten Ökosysteme sind nur schwer abschätzbar. Es muss aber mit einer Gefährdung der lokalen Artenvielfalt gerechnet werden. Schliesslich gehören invasive Arten neben Landnutzungsänderung, Übernutzung, Klimawandel und Umweltverschmutzung weltweit zu den fünf grössten Treibern des Biodiversitätsverlustes.
Eine neue Strategie macht den SNP bereit für die nähere Zukunft ...
Sowohl der Bund als auch der Kanton Graubünden erachten die Bekämpfung von invasiven Arten als ein wichtiges Handlungsfeld. Die Erfahrung zeigt, dass es einfacher ist, die Ansiedlung einer Population durch frühe Eingriffe zu verhindern, als eine bereits vorhandene Population an ihrer Ausbreitung zu hindern und auszurotten.
Der SNP hat basierend auf Untersuchungen von Expert*innen eine neue Strategie im Umgang mit invasiven, gebietsfremden Arten ausgearbeitet. Das Hauptziel liegt darin, das Einbringen von neuen invasiven Arten durch den Menschen zu verhindern. Das grösste Risiko dafür besteht an durch den Menschen stark gestörten Orten, also Baustellen, Parkplätzen, Strassenrändern und Infrastrukturen. Diese Orte werden künftig von Parkmitarbeitenden jährlich nach invasiven Arten (vorwiegend Pflanzen) abgesucht. Falls solche vorhanden sind, werden diese dokumentiert und anschliessend von uns entfernt. Sollten invasive Arten in von Menschen ungestörten Habitaten gefunden werden, wird deren Vorkommen erfasst und überwacht, jedoch nicht bekämpft. Mit dieser Strategie soll der Grundidee des Nationalparks (kein menschlicher Eingriff in die Natur) Rechnung getragen werden. Gleichzeitig wird damit zu einem frühen Zeitpunkt ein direktes Einbringen von problematischen Arten in den SNP unterbunden. Ein regelmässiges Monitoring ermöglicht es, die eingeschlagene Strategie auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und allenfalls zu revidieren.
... auch Sie können mithelfen!
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie auch Sie dazu beitragen können, die einzigartige Natur des SNP und seiner Umgebung zu schützen. Eine grosse Hilfe ist das Vermeiden von invasive Pflanzenarten im Garten (siehe Bild). Es gibt unzählige einheimische Alternativen. Naturinteressierte Menschen können auch beim Kartieren von invasiven Arten mithelfen, beispielsweise mit der InvasivApp von Infoflora. Wir unterstützen Sie gerne dabei. Falls Sie im Unterengadin eine invasive Pflanzenart entdecken, dürfen Sie uns diese gerne auch per E-Mail melden (info@nationalpark.ch). Die Natur und der SNP danken Ihnen dafür!
Für Interessierte: Mehr Informationen zum Thema sind im aktualisierten Bericht des Bundesamtes für Umwelt BAFU von 2022 («gebietsfremden Arten in der Schweiz») zu finden (bafu.admin.ch).