Siebenschläfer
Siebenschläfer © apodemus.at

Der Baumschläfer und Co in der Terra Raetica

Angelika Abderhalden und Regula Tester Baumschläfer gehören zu den sehr seltenen Tierarten. Man sieht sie selten und unser Wissen über ihr Vorkommen und ihre Lebensraumpräferenzen ist auch nach dem 2021 durchgeführten Interreg-Kleinprojekt noch nicht ausreichend. In einem Folgeprojekt soll mehr über diese heimlich lebende Tierart herausgefunden werden.

Baumschläfer und seine Verwandten – die Bilche

Vier verschiedene Bilche, auch Schlafmäuse genannt, leben in unserer Region. Sie leben sehr unentdeckt, weshalb sie nicht so bekannt sind. Das Unterengadin ist die einzige Region, in der alle vier Bilcharten vorkommen. Die Bilche sind kleine Nagetiere, die überwiegend nachtaktiv sind, weshalb sie grosse schwarze Augen, auffällige Tasthaare und ein gutes Gehör haben. Sie ernähren sich von Früchten, Nüssen, Insekten wie auch kleinen Wirbeltieren und Vogeleiern. Der Name Bilch kommt aus dem slawischen Wort «plch», was pelziges Tier bedeutet. Die vier Arten haben, entsprechend diesem Namen, alle ein dichtes, pelziges Fell und heissen Siebenschläfer, Gartenschläfer, Baumschläfer und Haselmaus. Die Bilche leben vorwiegend auf Bäumen, in Baumhöhlen oder wie der Gartenschläfer auch in Bodennähe.

Der Siebenschläfer (Glis glis) ist der grösste Vertreter unserer einheimischen Bilche. Er kann bis zu 20 Zentimeter lang werden, wiegt bis zu 160 Gramm und hat einen bis zu 13 Zentimeter langen, auf der ganzen Länge buschigen Schwanz. Sein Fell ist einheitlich grau. Er hat einen schmalen, dunklen Ring um die Augen und seine Ohren sind klein. Er ist nicht mit den anderen Bilchen zu verwechseln. Im Unterengadin kommt er nach dem bisherigen Wissen nur im östlichen Teil bis etwa Scuol vor.

Der Gartenschläfer (Eliomys quercinus) ist der zweitgrösste Vertreter der Schläfer mit 10 bis 17 Zentimetern Grösse und einem Gewicht von bis zu 115 Gramm. Er kommt über die ganze Region relativ gleichmässig verbreitet vor. Er ist kleiner als der Siebenschläfer, aber deutlich grösser als der ähnliche Baumschläfer und fällt durch die kontrastreiche Färbung seines Fells und vor allem seiner Gesichtszeichnung auf. Er trägt die sogenannte «Zorro-Maske» mit schwarzen Streifen, die von der Lippe um die Augen bis hinter die Ohren reichen. Die Ohren sind eher gross. Er hat am Schwanzende eine schwarz-weisse Endquaste.

Der Tiroler Baumschläfer (Dryomys nitedula intermedius) ist mit seinen 8 bis 12 Zentimetern klein, also etwa handflächengross, und wiegt nur bis zu 60 Gramm. Sein langer, dicker Schwanz ist auf der Unterseite hellgrau-weiss gefärbt und am Ende buschig. Er trägt wie der bekanntere Gartenschläfer eine sogenannte Zorro-Maske, die jedoch nur bis unter die kleinen runden Ohren reicht. Im Gegensatz zum Gartenschläfer ist er einheitlicher gefärbt. Der Baumschläfer kommt in der Schweiz nur im Unterengadin und im Münstertal vor. Wenn man mal einen Baumschläfer zu Gesicht bekommt, gehört man zu denen, die viel Glück haben. Häufiger ist der beschriebene ähnliche, aber deutlich grössere Gartenschläfer.

Die kleinste Vertreterin der Bilche ist die Haselmaus (Muscardinus avellanarius). Sie ähnelt den Langschwanzmäusen und unterscheidet sich von den anderen Bilchen durch ihre geringe Grösse von nur bis 9 Zentimetern und der orangebraunen Färbung des Fells. Sie kann bis zu 30 Gramm schwer werden. Auffällig ist bei der Haselmaus der dicht behaarte, etwa 6 Zentimeter lange Schwanz.

Gartenschläfer
Gartenschläfer © Katrin Cuonz
Haselmaus
Haselmaus © apodemus.at

Untersuchungsflächen und Methoden

Von Mai 2024 bis Juni 2027 finden Untersuchungen zur Biologie des Baumschläfers in den Regionen der Terra Raetica, die bereits 2021 beim Terra-Raetica-Kleinprojekt beteiligt waren, statt. In Südtirol liegen die Untersuchungsflächen bei Prad am Stilfser Joch, Staflin und neu auch in Martell-Hölderle. Beide Flächen liegen im Nationalpark Stilfser Joch. Auf österreichischer Seite liegen die Probeflächen wie bisher beim Pitburger Wald und in Winkelberg. Beide Flächen sind im Gebiet des Naturparks Ötztal. Im Unterengadin werden die Untersuchungen in vier Flächen durchgeführt. Diese befinden sich in Raschvella, Lavin, Crastatscha Suot und Punt Nova. Im Münstertal werden zwei Flächen, eine entlang des Roms zwischen Valchava und Sta. Maria und eine bei Bos-chetta in die Untersuchung einbezogen. Auf allen Untersuchungsflächen in der Terra Raetica wird mit denselben Methoden gearbeitet. In jedem Land werden an unterschiedlichen Standorten 80 Nistkästen aufgehängt. Als Weiteres werden pro Land sechs Wildtierkameras aufgestellt. Falls jemand auf solche Wildtierkameras trifft, dann bitten wir darum, dass diese zum Zwecke der Forschung an den jeweiligen Standorten gelassen werden. Durch diese Wildtierkameras konnten bisher wertvolle Nachweise erbracht werden.

Montage von zwei verschiedenen Modellen der Nistkästen in der Untersuchungsfläche Raschvella.
Montage von zwei verschiedenen Modellen der Nistkästen in der Untersuchungsfläche Raschvella. © UBEVM

Öffentlichkeitsarbeit

Wie bereits beim letzten Projekt sind wir auf Meldungen aus der Bevölkerung angewiesen. Über solche Meldungen konnte bisher bereits sehr wertvolles Wissen gesammelt werden. Wir freuen uns immer über Meldungen. Auch falls Sie ein Problem mit Bilchen haben, können Sie uns kontaktieren (info@biosphaerenreservat.ch). Wir finden sicher eine Lösung.

Sie können Ihre Meldungen über die Plattform «Wilde Nachbarn Engiadina Val Müstair» eingeben. Durch das Scannen des QR-Codes gelangen Sie zur Meldeplattform. Wir freuen uns über jede Meldung von Bilchen und anderen wildlebenden Tieren.

Im Interreg Terra Raetica Mittelprojekt arbeiten die verantwortlichen Organisationen mit Unterstützung der Partner des Netzwerks Natura Raetica zusammen: in Nordtirol ist dies der Naturpark Ötztal (Leadpartner), in Italien/Südtirol die Genossenschaft für Weiterbildung und Regionalentwicklung und in der Schweiz die UNESCO Biosfera Engiadina Val Müstair. Für die enge Zusammenarbeit mit Kleinsäuger-Spezialistinnen und -Spezialisten der Schweiz zeichnet Regula Tester von Pro Bilche verantwortlich, für Nordtirol Christine und Stefan Resch von Apodemus und für Italien/Südtirol ist dies Eva Ladurner.

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