Wieso wollen Sie die Trinkhalle retten?
Weil die Trinkhalle ein wichtiger Zeuge des historischen Bädertourismus ist. Ja, eigentlich stehen die Heilquellen und somit auch die Büvetta an der Wiege des Tourismus im Unterengadin. Zudem ist es für mich als Architekt eines der bedeutendsten und schönsten Gebäude in der Gegend, das durch seinen kulturellen und architektonischen Wert besticht. Die Trinkhalle ist ein veritables Architekturjuwel.
Was macht sie zum Architekturjuwel?
Form, Volumetrie und der Standort sind aussergewöhnlich und einmalig, ein Solitär an isolierter Lage am Flussufer. Hier findet ein Kräftemessen zwischen Gebäude und Inn statt, zwischen Urbanität und Landschaft. Aber auch die Verbindung der Trinkhalle als Teil des historischen Zusammenspiels mit dem Hotel und der Badeanlage von Nairs ist aussergewöhnlich. Der Standort spielt eine wichtige Rolle, denn das ganze Ensemble wird durch keinen anderen Bau gestört.
Mögen Sie denn das Wasser, das dort fliesst?
Carola-Wasser habe ich schon getrunken und von verschiedenen anderen Quellen auch. Es ist speziell, aber ja, ich mag es und trinke es gern – einfach nicht zuviel.
Um die Trinkhalle zu retten, muss ja auch der Hang gesichert werden. Wie ist da das Vorgehen?
Tatsächlich ist die Rettung der Trinkhalle an die Hangsicherung gekoppelt. Zusammen ergibt das eine extrem komplexe Ausgangslage, dazu kommt, dass die Trinkhalle auch noch in einem Gewässerraum ausserhalb der Bauzone steht und im Inventar der Denkmalpflege aufgelistet ist.
Wie gehen Sie vor?
Damit die Felssicherung bewilligt wird und finanziert werden kann, braucht es erst ein Nutzungskonzept, also Vorstellungen, in welche Richtung die spätere Nutzung gehen könnte.
Und in welche Richtung soll die Nutzung gehen?
Wasser ist das zentrale Nutzungsstandbein, was ja etwas auf der Hand liegt. Zielführend und wichtig ist aber auch, dass es daneben noch andere Nutzungen und Standbeine gibt. Grundsätzlich geht es um Wasser in den verschiedensten Komponenten. So ist zum Beispiel auch eine Abfüllanlage ein Thema. Die Trinkhalle soll ganzjährig öffentlich zugänglich sein. Auch eine Wasserbar können wir uns vorstellen. Eine Zusammenarbeit mit Hochschulen im Rahmen einer Wasserakademie ist ebenfalls ein Thema, auch eine Wiederaufnahme der Salzherstellung.
Für die Wandelhalle planen wir eine Tagesinfrastruktur, sodass darin Hochzeiten gefeiert werden können, Flying Dinner oder auch Tavolatas, genauso wie private Events oder Feste. Die Ostseite der Trinkhalle ist historisch nicht wertvoll, weshalb wir diese ersetzen wollen.
Haben Sie das Nutzungskonzept bereits eingereicht?
Das vorläufige Nutzungskonzept ist vom Vorstand des Vereins Pro Büvetta Tarasp gutgeheissen. Im Vorstand sind unter anderem Vertreter der Gemeinde und des Tourismus vertreten. In einem nächsten Schritt gilt es die Behörden und kantonalen Ämter miteinzubeziehen. Zum Nutzungskonzept gehört auch das Carola-Gebäude. Dort könnte im Keller ein Museum entstehen und oberirdisch Hochzeitssuiten. Wichtig ist auch, dass die regionale Wertschöpfungskette gewährleistet ist.
Wie ist der Fahrplan?
Ende Oktober habe ich das vorläufige Nutzungskonzept eingereicht, nun stehe ich im engen Kontakt mit lokalen Personen, der Gemeinde Scuol, Tourismus Engadin Scuol Samnaun Val Müstair AG (TESSVM) und der Regionalentwicklung Engiadina Bassa/Val Müstair. Anfang Dezember findet ein Gespräch mit dem kantonalen Amt für Wald und Naturgefahren statt. Dabei geht es darum, ob unser Nutzungskonzept für ein Verfahren der Felssicherung reicht.
Am Schluss entscheidet das Amt für Wald und Naturgefahren über die Trinkhalle?
Nein, das nicht, aber weil ein grosser Teil der Felssicherung über öffentliche Gelder finanziert wird, wollen diese wissen, ob das Konzept Hand und Fuss hat. Die Felssicherung muss sorgfältig geplant werden, es gilt darauf zu achten, dass die Massnahmen die Mineralquellen nicht gefährden.
Am Gespräch Anfang Dezember sind auch Bauamtsvertreter der Gemeinde Scuol dabei. Ich bin zuversichtlich, dass der Entscheid positiv sein wird.
Und dann?
Dann läuft es wieder auf verschiedenen Schienen. So gilt es die Frage der Trägerschaft und Betreiber definitiv zu klären, das ist jetzt noch etwas offen, schlussendlich muss dann auch noch die Gemeindeversammlung entscheiden, weil das Land und die Rechte der Quellnutzung der Bürgergemeinde gehören.
Gibt es auch noch Pläne für die anderen Mineralwasserquellen?
Von unserer Seite nicht direkt, sicher ist aber, wenn man etwas mit Wasser macht, muss es in eine übergeordnete Strategie eingebettet sein. Ziel ist es, dass sich die verschiedenen Massnahmen gegenseitig stärken.
Was heisst das konkret?
Ich arbeite eng mit Yvonne Schuler, der zuständigen Produktmanagerin der TESSVM zusammen. Dabei schauen wir, wie sich die verschiedenen Anliegen verstärken liessen. Dazu müssen wir die Gegebenheiten vor Ort richtig miteinander verknüpfen. Im Moment aber will ich keine anderen Projekte angehen, zuerst muss ich für die Büvetta schauen.
Wie sind Sie denn zum Projektleiter geworden, sind Sie verbunden mit der Gegend?
Das kann man durchaus sagen, ja. Ich bin seit sechs Jahren Präsident des Piz Amalia Music Festivals. Einem jährlich stattfindenden Festival für Nachwuchskünstler der klassischen Musik, mit Konzerten in Scuol, S-charl, Nairs und Zuort. Zudem bin ich in Splügen aufgewachsen und fühle mich in den Bündner Bergen wohl.
Ihr Unternehmen entwickelt Tourismusideen?
Nicht in erster Linie, wir nennen das Placemaking. Bei Placemaking kommt das Bedürfnis und die Notwendigkeit zusammen, einen Ort in all seinen Facetten sozial, kulturell, finanziell und architektonisch zu formen und zu beleben. Dergestalt, dass er begeistert, inspiriert, verlockend ist, Freude macht. Man möchte Teil dieser Geschichte werden. Heute und immer wieder. Es muss für die lokale Bevölkerung stimmen, dann stimmt es auch für den Gast.
Dazu gekommen bin ich über die Architektur, denn ursprünglich bin ich Architekt. Irgendwann wollte ich mich über die reinen Fragen und Antworten der Architektur als Disziplin der Ästhetik hinausbewegen.
Deshalb habe ich vor sieben Jahren gemeinsam mit drei Partnern das Unternehmen gutundgut gegründet. Nun wollen wir Orte zum Leben bringen, aufwerten auch. Wir wollen die Dinge zum Funktionieren bringen, dies vor allem über Inhalte.
Wir sind auch unterwegs in der Entwicklungshilfe, beispielsweise für Helvetas oder Swisscontact. Auch landwirtschaftliche Projekte haben wir in unserem Portfolio.
Wie gross sehen Sie das Wasserpotenzial in Scuol, und könnte der Ort wieder zu alter Grösse zurückfinden?
Da gilt es zu bedenken, dass der Bädertourismus eine sehr exklusive Angelegenheit war. Durch die ganze Wellness-Bewegung ist die Zielgruppe breiter geworden, was gut ist. Deshalb sollte das Thema Wasser nicht zu eng positioniert werden, es braucht eine Kombination von verschiedenen Standbeinen. Zum Beispiel die Geschichte der Quelle, die Zukunft von Wasser oder auch dessen Zugänglichkeit. Vor allem aber soll das Thema Spass machen und darf nicht zu kopflastig sein.
Wann soll denn die Einweihung der Büvetta stattfinden?
Frühestens in drei Jahren. Denn erst gilt es den Hang zu sichern und die Trinkhalle aufwendig zu renovieren, da sie in einem sehr schlechten baulichen Zustand ist.
Und was passiert an der Eröffnung?
Da gibt es ein grosses Fest. Die Trinkhalle werden wir mit Quellwasser taufen, vielleicht gibt es auch einen Anlass im Zusammenhang mit dem Weltwassertag.
Wir haben unser Ziel erreicht, wenn die Trinkhalle wieder öffentlich zugänglich ist.