A Sent be Rumantsch ist eine Erfolgsgeschichte

Jürg Wirth Seit dem Jahre 2012 gibt’s in Sent die Woche «A Sent be Rumantsch». Cristina Gregori, Mitorganisatorin der ersten Stunde, erklärt im Interview, warum diese Woche wichtig ist und was sonst noch für die romanische Sprache getan werden könnte.

«A Sent be Rumantsch» gibt's jetzt zum siebten Mal. Eine Erfolgsgeschichte? 

Im November 2012 fand in Sent die erste romanische Woche statt. Ja, es ist eine Erfolgsgeschichte, die mit einer spontanen Idee angefangen hat. 

Was war die Idee dahinter? 

Angelika Overath und ihr Mann Manfred Koch waren kurz davor von einem siebenwöchigen Aufenthalt im Middlebury College von Amerika zurückgekehrt und haben uns die Idee vom Campus und dem immersiven Erlernen einer Sprache erzählt, und spontan haben wir beschlossen, trotz fehlendem College so etwas Ähnliches auch in Sent für das Erlernen von Vallader zu organisieren. 

Wieso braucht’s das? 

In diesen Wochen kann die Sprache zwar nicht erhalten werden, denn es ist kaum von Bedeutung, ob 40 Personen auf der ganzen Welt das Romanische etwas beherrschen oder sogar fliessend sprechen. Vielmehr geht es um die Sensibilisierung für die vierte Landessprache der Schweiz und nicht zuletzt auch darum, dass die Bevölkerung von Sent so durch diese Woche «A Sent be rumantsch» die Muttersprache bewusster pflegen und wertschätzen kann. 

Gibt es Leute, die extra deswegen dann in die Ferien kommen? 

Ja, die gibt es! Menschen aus aller Herren Länder sind schon zu uns gekommen und haben sich für unsere Woche «A Sent be rumantsch» interessiert! 

Stammgäste? 

Natürlich haben wir Zweitwohnungsbesitzer, denen es wichtig ist, sich in unserem Dorf wohlzufühlen und am Dorfleben teilzunehmen. Dazugehörigkeit geht einher mit der Sprache, also ist es naheliegend, Romanisch zu lernen oder zumindest Grundkenntnisse für den Alltag im Dorf zu haben. 

Vielleicht solche, die mittlerweile nach Sent gezogen sind? 

Oder zumindest interessiert wären, hier zu wohnen. Das ist mittlerweile aber auch nicht mehr ganz so einfach zu realisieren ...! 

Und merkt man, dass das Romanisch besser geworden ist? 

Was heisst besser? Wie viele Sprachen auf dieser Welt gehört auch das Romanische zu einer verschwindenden Minderheitssprache. Mit knapp 40'000 Personen, die noch Romanisch als Muttersprache angeben, kann man nicht zu den Gewinnenden gehören.

Wir können nur im Kleinen etwas verändern – in der Bewusstheit der Senter Bevölkerung und deren Gästen, ganz im Sinne von «Chi chi sa rumantsch sa daplü!» 

Wer besucht diese Wochen in erster Linie? 

Vom Studenten bis zur Gärtnerin, von der Hausfrau bis zum Schriftsteller – alles Menschen, die Freude an der Sprache haben und die vierte Landessprache lernen wollen. 

Und wen will man ansprechen? 

Die Woche «A Sent be rumantsch» findet alle zwei Jahre statt. Ab dem 1. Januar kann man sich für die Woche – immer die erste November-November – anmelden. Nach wenigen Tagen sind die 40 zur Verfügung stehenden Plätze ausgebucht. 

Wie sind Sie bei dieser Woche beteiligt? 

Ich gehöre zur Organisationsgruppe und bin seit der ersten Stunde dabei. 

Wie stehen Sie zur romanischen Sprache? 

Sprache gehört zu meinem Leben und zu meinem Beruf – ich liebe die romanische Sprache und liebe vor allem auch die Unterschiede der verschiedenen Idiome oder auch anderer lateinischer Sprachen. 

Wie pflegen Sie diese im Alltag? 

In unserer Familie wird Romanisch gesprochen und der Alltag im Freundeskreis ist mehrheitlich vom Romanischen dominiert. Selbst bin ich zweisprachig aufgewachsen. 

Wird genug für den Erhalt der Sprache getan? 

Das ist eine Frage, die ich nicht abschliessend beantworten kann. Ich weiss, dass viele Gelder in den Erhalt dieser Sprache fliessen, aber ich bin mir nicht sicher, ob diese immer effizient und sinnvoll eingesetzt werden. 

Bräuchte es mehr Aktionen wie in Sent? 

Es braucht immer wieder Anlässe, wo der romanischsprachigen Bevölkerung bewusst gemacht werden kann, dass sie mehr können, wenn sie Romanisch sprechen, denn Deutsch können sie alle! 

Haben Sie noch andere Ideen oder Ratschläge zum Erhalt des Romanischen? 

Ja ganz einfach: «Chi chi sa rumantsch, dess discuorrer rumantsch!» 

 

Cristina Gregori lebt seit über 30 Jahren im Engadin. Sie arbeitet in Scuol und lebt mit ihrem Mann Andri Lansel in Sent. Beide sind von Anfang an Teil der Organisationsgruppe «a Sent be rumantsch».

Cristina Gregori aus Sent ist von Anfang Teil der Gruppe, welche «A Sent be Rumantsch» organisiert.
Cristina Gregori aus Sent ist von Anfang Teil der Gruppe, welche «A Sent be Rumantsch» organisiert. © zvg

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