Rotfuchs und Mensch verfügen über einige verblüffende Gemeinsamkeiten: Beide leben in allen Klima- und Vegetationszonen der nördlichen Halbkugel (der Mensch auch auf der südlichen). Als Generalisten sind sie bei der Futterwahl keineswegs wählerisch: So gehören neben Fleisch in allen Formen auch Obst und Beeren zu ihrem Speiseplan. Da sie weit oben auf der Nahrungspyramide stehen, haben sie wenige Feinde. Anpassung, Vorsicht und Lernfähigkeit sorgen für einen hohen Bestand.
Zuweilen leben mehrere Familien in einer Wohnbehausung. Füchse lassen sich oft von Dachsen ihren Bau graben, um sie danach zu vertreiben. Manchmal schliessen sie aber auch einen «Burgfrieden» und leben mit dem Architekten ihres Rückzugortes in derselben Höhle. Und wie der Mensch bewohnen mittlerweile tausende von Rotfüchsen Grossstädte – und kommen dort äusserst gut zurecht.
Daneben gibt es jedoch auch eine Menge Unterschiede: Bei uns Menschen sind die Sinne und Instinkte im Gegensatz zum Rotfuchs weit weniger entwickelt. So riecht eine Fuchsnase 450 Mal besser als die unsere. Auch das Hörsystem ist besonders ausgeprägt. Füchse können ihre Ohren in fast alle Richtungen drehen und hören so das Rascheln und Pfeifen der Mäuse. Auch nachts sehen sie wesentlich besser als wir. Weitere interessante Fakten zur Biologie des Rotfuchses liefert der vom Nationalpark Stilfserjoch erstellte Teil der Ausstellung. Zusätzlich informieren fünf neu gestaltete Tafeln sowie Filmsequenzen einer Fuchsbesenderung über das momentan laufende Rotfuchsprojekt des SNP.
Das Rotfuchsprojekt im SNP
Seit der Gründung des SNP 1914 war der Rotfuchs während eines Jahrhunderts das grösste Raubtier. Diese Situation ist allerdings gerade im Begriff, sich zu ändern. Seit einigen Jahren halten sich Grossraubtiere wie Braunbär, Wolf und Luchs zum Teil über längere Zeit im SNP auf. Beispiele in anderen Nationalparks zeigen, dass gerade die Rückkehr des Wolfes entscheidende Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem hat. So reduzierten die Wölfe im Yellowstone-Park nicht nur die Bestände ihrer Beutetiere, sondern auch diejenigen ihrer Konkurrenten, der Kojoten.
Was wird sich nun im SNP durch die Rückkehr der Grossraubtiere verändern? Und welche Konsequenzen hat das für den Rotfuchs? Diesen und weiteren Fragen geht die Forschung des SNP im 2016 gestarteten Rotfuchsprojektes nach. Um die momentane Situation zu erfassen, kommen verschiedene Methoden zur Anwendung.
Spurensuche
Oft sind die Methoden der Forschung erstaunlich einfach und naheliegend. Wer hat nicht schon im Winter in einer schneebedeckten Landschaft die diversen Trittsiegel von Tieren zu deuten versucht? Genau so funktioniert es mit dem Fuchs: Entlang von sechs vorgegebenen Routen im SNP werden jeweils nach frischem Schneefall die unterschiedlichen Tierfährten analysiert. Damit lässt sich die Tierart und deren relative Häufigkeit bestimmen. Der Rotfuchs ist nach dem Schneehasen die zweithäufigste Art, die im Untersuchungsgebiet festgestellt wurde. Ein wichtiges Detail: die Spuren der Huftiere werden dabei jeweils nicht erfasst.
GPS-Besenderung
Um das Streifgebiet einzelner Füchse zu erforschen, statten die Parkwächter einige Tiere mit einem GPS-Sender aus. Diese Methode ist relativ aufwendig, da die Füchse mittels einer Kastenfalle erst eingefangen werden müssen. Kleine, für Füchse tragbare Sender sind erst seit wenigen Jahre auf dem Markt. Die besenderten Tiere lieferten bereits erstaunliche Resultate. So variiert die Grösse der Streifgebiete zwischen 3 und 300 Quadratkilometer und unterstreicht damit die Individualität der einzelnen Individuen. Stadtfüchse haben zum Teil noch kleinere Streifgebiete, da das Nahrungsangebot inmitten der Zivilisation geradezu paradiesisch ist.
Eine junge Fähe unternahm im Spätwinter während zwei Wochen eine 100 Kilometer lange Exkursion vom SNP bis ins Ötztal und kehrte danach in die Val Müstair zurück. Fortan verhielt sie sich dort standorttreu.
Fotofallen-Monitoring
Seit 2018 liefert ein neu eingerichtetes Fotofallen-Monitoring weitere interessante Daten für das Fuchsprojekt. Die 73 installierten Fotofallen im Untersuchungsgebiet halten alles bildlich fest, was sich bewegt – Tag und Nacht. Wie bei den ersten beiden Methoden entsteht durch die Fotofallen keinerlei Störung für die Tiere. Die Fotos erlauben Rückschlüsse auf die Verteilung, die Dichte und die Häufigkeit der Rotfüchse und anderer Tierarten. Nachteilig ist, dass Füchse auf Fotos meist nicht individuell erkennbar sind.