Sieht man es da stehen, fragt man sich, wie man auf die Idee kommen konnte, hier ein Hotel hinzustellen. Das Hotel Val Sinestra steht mitten im Nirgendwo, rund sechs Kilometer vom Dorf Sent entfernt. Und bereits die Erscheinung an sich ist eindrücklich und leicht «gfürchig», vor allem zu späterer Stunde, wenn das Tal bereits in Dunkelheit gehüllt ist.
Auf die Idee gekommen, das Hotel dort zu bauen, sind geschäftstüchtige Unternehmer anfangs des 20. Jahrhunderts. Die Standortwahl hat mit Quellen zu tun, die dort entspringen. Denn die dort anzutreffenden Wasser enthalten Arsen sind heilend und führten zu einem regen Kurtourismus. 1972 wurde der Kurbetrieb eingestellt, bis dahin funktionierte dieser ausserordentlich gut bis prächtig. Heute ist das Hotel immer noch als Hotel geöffnet, mit der Original-Innenausstattung von früher, jedoch eher als günstige Herberge positioniert, denn als Luxushotel.
Quelle der Inspiration …
Und das Hotel diente auch ab und an als Inspirationsquelle. So spielt der 2006 erschienene Roman «Der Teufel von Mailand» zu einem grossen Teil im Hotel Val Sinestra, das dort allerdings «Gamander» heisst. Nächstes Jahr werde ein Kinderfilm im Hotel gedreht, freut sich Besitzerin und Betreiberin Adrienne Kruit schon jetzt. Viel mehr freut sie sich darüber, als über die Geschichten, die sie schon kaum mehr hören kann, diejenige über die Geister nämlich.
So soll einer sein Unwesen dort treiben, einer, den ihr Mann schon ganz am Anfang begrüsst hat. Peter Kruit hat das Hotel 1978 erworben. Als Kruit eine Tür öffnete, sei ihm ein lautes Grollen entgegen geschlagen. Wie der Lärm einer ganzen Armee habe das geklungen, erinnert sich Kruit. Darüber ist er dermassen erschrocken, dass er sofort mit dem Auto nach Sent fuhr und erst am nächsten Tag wieder zurückkam. Ganz so unheimlich waren die nachfolgenden Begegnungen nicht mehr, das aber nicht alles mit rechten Dingen zu- und hergeht, stellt Kruit immer wieder fest. Fenster würden sich von alleine öffnen, Schlüsselanhänger beginnen zu schwingen und einige Gäste beschleiche beim Betreten der Bäderanlage ein ungutes Gefühl.
... und Magnet für spezielle Gäste
Kein Wunder, dass diese Ereignisse auch eine spezielle Art von Gästen auf den Plan rufen. Immer wieder kämen Geisterjäger vorbei, berichtet Adrienne Kruit leicht genervt. Erst letzthin seien wieder welche hier gewesen. Schliesslich aber hätten diese einen beeindruckenden Film über das Hotel Val Sinestra und die mysteriösen Geschehnisse dortdrin gedreht. «Le lieu le plus hanté de la Suisse» heisst dieser und ist auf Youtube abrufbar.
Galgen und Hexenstein
Nicht mehr allzuviel abrufbar ist vom mysteriösen Ort zwischen Zernez und Susch. Güstizia heisst der. Heute ist das etwa dort bei der scharfen Kurve der Engadiner Strasse und der filigranen Holzbrücke von Flurin Bischof und Jon Andrea Könz. Etwas weiter Richtung Susch ist noch zu sehen, was dem Ort den Namen gab und etlichen Menschen das Leben nahm: Ein Galgen. Davon sieht man heute nur noch die Stützen. Allerdings ist die Datenlage diesbezüglich sehr dürftig, sodass sich nicht mehr genau sagen lässt, von wann bis wann der Galgen effektiv in Betrieb war und wie viele arme Sünder dort ihr Leben lassen mussten.
Gänzlich ungefährlich, dafür aber mit Kräften für die ausgestattet, die sie spüren, sind die Hexenplatten oberhalb von Ardez, an der Strasse Richtung Bos-cha und in Tarasp, Sgnè. In die Steine aus Kalkschiefer sind von Menschenhand rund 100 Vertiefungen eingearbeitet worden, sehr wahrscheinlich zwischen 2'000 vor Christus bis Christi Geburt. In, sagen wir mal, hexennahen Kreisen, werden Steine wie diese fast schon abgöttisch verehrt. Nüchtern betrachtet, lässt sich allerdings nicht genau sagen, wozu die Steine mit den Vertiefungen dienten. Wegmarkierung, könnte eine mögliche Erklärung sein, aber auch eine Art Arbeitsgerät wäre möglich.
Ebenfalls um Hexen geht’s in Samnaun, wenn auch nur um eine. Diese holte bei den schwarzen Wänden einen riesigen Stein hervor, trug ihn in ihrer Schürze weg und wollte ihn auf Samnaun-Laret hinunterwerfen und das Dorf so auslöschen. Bei der unteren Alp ist ihr jedoch das Schürzenband gerissen und der Stein fiel auf den Boden. Von dort vermochte sie ihn nicht mehr aufzuheben, weshalb er immer noch dort liegt und mittlerweile Alp- oder Hexenstein heisst.
Feen im Val Müstair
Doch nicht nur im Unterengadin und Samnaun gibt es mysteriöse Orte, auch das Val Müstair kann da gut mithalten. Zum Beispiel die Tea Fondada, was so viel heisst wie versunkene Hütte. Diese steht respektive stand im Val Mora und war die beste Alp weit und breit. Heute ist dort nur noch ein See. Der Sage nach kam dort vor langer, langer Zeit ein alter, halbverhungerter und kranker Mann bei der Hütte vorbei und bat den Senn um etwas Essen. Dieser wollte davon nichts wissen und jagte den alten Mann raus. Draussen traf er auf den Hirten, welcher Mitleid mit ihm hatte und ihn mit Essen versorgte. Wohl bedankte sich der Mann herzlich beim Hirten, drehte sich aber zur Hütte um und verfluchte diese samt dem Senn. Kurz darauf stieg eine grosse Flamme samt Rauchwolke zum Himmel. Es öffnete sich die Erde und Hütte und Senn versanken im Boden. Dort befindet sich heute ein Tümpel in Form eines Kessels. Und an dunklen Abenden hört man aus den Tiefen des Sees den Lärm von Milchgelten waschen.
Auch hat man es im Val Müstair weniger mit Hexen denn mehr mit Feen oder Dialen zu tun, wie sie dort hiessen. Die Dialen lebten in einer Höhle beim Wasserfall von Müstair. In diese Höhle kam man durch ein kleines Loch, das Dialenloch genannt wird, und vor dem jeweils ihr kleines Hündchen wachte. Die Dialen waren im Tal sehr beliebt, denn sie führten des Nachts allerlei Arbeiten auf den Feldern der Bauern aus. Ihr Hündchen schickten sie zur Erntezeit mit einem Körbchen um den Hals los. Im Körbchen befand sich Messer und Gabel sowie Früchte und Brot. Das Hündchen ging damit vom einen zum anderen. Alle legten Messer und Gabel immer wieder in den Korb. Nur einmal machte einer einen Scherz und behielt die Gabel. Doch der Scherz kam bei den Dialen nicht gut an. Sie erschienen vor der Höhle, begannen zu weinen und machten einen grossen Lärm. Danach kehrten sie in die Höhle zurück und warden nie mehr gesehen.