Seit Anfang dieses Jahres arbeitet der Ramoscher Ueli Nef als Projektleiter Engadin für die Vogelwarte.
Seit Anfang dieses Jahres arbeitet der Ramoscher Ueli Nef als Projektleiter Engadin für die Vogelwarte.

Im Einsatz für Vögel und die Natur

Jürg Wirth Seit Anfang Jahr ist Ueli Nef Projektleiter Engadin für die Schweizerische Vogelwarte. Ein Job, der bestens zum gebürtigen Ramoscher passt, auch weil er deswegen wieder in seinen Heimatort zurückkehren konnte.

«Für mich war immer klar, dass es gut geht.» Ueli Nef zieht hier nicht die Zwischenbilanz seines Lebens, sondern resümiert über den Umzug mit der Familie von Appenzell nach Ramosch. Denn nach zehn Jahren im Unterland wohnt er gemeinsam mit seiner Frau Iris und den beiden Knaben wieder in seinem Heimatort. Ausgezogen ist er als 30-Jähriger – mit vielen Freiheiten, wie er sich erinnert – zurückgekommen ist er als Familienvater.

Die Gründe für die Rückkehr waren nebst dem Heimweh, dass alle Engadinerinnen und Engadiner zu plagen scheint, eine Arbeitsstelle, die perfekt auf Nef zugeschnitten ist: «Projektleiter Engadin für die Schweizerische Vogelwarte» lautete die Stellenausschreibung, und die Anforderungen waren quasi eine Kombination aus Nefs Fähigkeiten und Ausbildungen.

Detailhändler und Forstwart

Die erste Ausbildung, die er sich aneignete, war die Lehre zum Detailhändler bei Sport Heinrich in Scuol. Eine lehrreiche und schöne Zeit sei das gewesen, erinnert er sich. Er habe viel über den Umgang mit Menschen und das gründliche Arbeiten gelernt und den Kontakt zur Kundschaft äusserst geschätzt. Gefehlt hat ihm aber die Nähe zur Natur, wie er immer mehr feststellte. «Mich hat es rausgezogen», formuliert er und meldete sich flugs für die zweite Ausbildung an, zu derjenigen als Forstwart in Sent. Die logische Fortsetzung wäre der Besuch der Försterschule in Maienfeld und der Lehrgang zum Förster gewesen. Nef war bereits auf bestem Weg dorthin, als er die Stellenausschreibung zum Parkwächter des Schweizerischen Nationalparkes sah. Im Engadin ist dies eine der Traumstellen, weshalb er sich umgehend bewarb und zu seinem grossen Erstaunen reüssierte. Die Sache mit dem Förster legte er darauf ad acta. Dafür griff er zu Schulbüchern und Feldstecher, absolvierte die Ausbildung zum eidgenössisch diplomierten Wildhüter und den Lehrgang zum Feldornithologen – und widmete sich intensiv dem Bergsteigen. Dass er dazu noch Zeit fand, hing damit zusammen, dass er damals wohl schon mit seiner Frau Iris zusammen war, jedoch noch ohne Kinder. Jedenfalls seien sie gemeinsam vom Ortler bis zum Mont Blanc unterwegs gewesen und am allerbesten habe ihm die Dufourspitze gefallen. Logisch also, dass er sich stark für die Bergführerausbildung interessierte. «Nationalparkwächter und Bergführer», das war mein Plan, beschreibt er sein damaliges Berufswahlprozedere. 

Von S-chanf nach Appenzell

Jedoch kam es erstens anders und zweitens, als er dachte, weil das Leben für ihn immer schöne Überraschungen bereitgehalten habe, wie er sagt. Auch diesmal war die Überraschung eine Stelle, und zwar diejenige als Amtsleiter der Jagd- und Fischereiverwaltung im Kanton Appenzell Innerrhoden. Er bekam sie, liess den Bergführer sein und zog mit Iris von S-chanf nach Appenzell. Bald schon kümmerte er sich wieder um seine persönliche Weiterbildung und schrieb sich für eine berufsbegleitende Weiterbildung an der Wiener Universität für Bodenkultur ein. «Akademischer Jagdwirt» sei er nach Abschluss des Studiums geworden, sagt er. Dabei lernte er einiges über die Jagdmethoden und -philosophie der Österreicher kennen. Der Blick über den Tellerrand bzw. über die Landesgrenzen hinaus habe seinen Sinn für Naturschutz und den Umgang mit wildlebenden Säugetieren und Vögel geschärft, fasst er deren Ansatz zusammen. 

Aber nicht deswegen hat er das Appenzell verlassen, sondern eben weil die Schweizerische Vogelwarte jemanden für das Engadin suchte und er ein wenig Heimweh hatte. Nun lebt er seit Anfang Jahr mit seiner Familie wieder in Ramosch und freut sich über die Rückkehr, und seine Familie und Freunde sich ebenfalls, wie er sagt. Freuen tut ihn auch, dass «das Engadin noch hohe und viele Naturwerte hat», wofür man nicht zuletzt den Bauernfamilien dankbar sein muss. Dass dies möglichst lange so bleibt, dazu koordiniert er unter anderem das Braunkehlchen-Nesterschutzprojekt, bei dem es darum geht, die Nester der Wiesenbrüter vor dem Mähen aufzuspüren und die Bauern dazu zu motivieren, grosszügig um das Nest herum zu mähen. Schliesslich soll der Vogel im Engadin nicht so enden wie im Unterland. Dort ist das Braunkehlchen wegen der intensiven Bewirtschaftung der Wiesen schon längst verschwunden. Auch die Steinadler im Engadin hat Nef im Auge und überwacht die zahlreichen Bruten in der Gegend, genauso wie er die Flussrevitalisierungen betreut und sich dort um Flussuferläufer oder Flussregenpfeifer kümmert. Und dann ist er auch noch im eigenen Ökobüro WildPunktNef tätig, wo er das Mandat zur Koordination der Ausbildung aller schweizerischen Wildhüterinnen und Wildhüter inne hat.

Am liebsten ist er aber immer noch draussen unterwegs, dabei sieht er die schönen Blumenwiesen des Unterengadins und bemerkt etwas nachdenklich: «Wir nehmen diese hier als selbstverständlich an, doch das sind sie nicht, denn auch diese gibt es in weiten Teilen der Schweiz nicht mehr.» Umso wichtiger sei es, zu schätzen, was man hier habe – und davon überzeugt sein, dass es gut geht, liesse sich höchstens noch anfügen.

Das Braunkehlchen ist ein Wiesenbrüter, deshalb hilft ihm das Nesterschutzprojekt.
Das Braunkehlchen ist ein Wiesenbrüter, deshalb hilft ihm das Nesterschutzprojekt.
Mitmachen beim Nesterschutz

Der Nesterschutz der Braunkehlchen ist zeit- und personalintensiv. Weil möglichst das ganze Unterengadin abgedeckt werden soll, ist die Vogelwarte respektive Ueli Nef noch auf der Suche nach weiteren Freiwilligen, die auch nächstes Jahr die Nester der Wiesenbrüter aufspüren wollen.

Weitere Infos gibt es bei Ueli Nef: ueli.nef@vogelwarte.ch oder +41 79 200 93 15.

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