Für das Wild sei der März eine äusserst heikle Zeit, weiss Wildhüter Curdin Florineth aus Ftan, dies aus zweierlei Hinsicht. Erstens sei der Energievorrat der Tiere dann schon sehr tief und jede Flucht quasi lebensgefährlich. Zweitens seien März und auch April die beliebtesten Monate bei Skitourengängern. Die Chancen für ein Zusammentreffen der zwei Spezies stehen also gut, sehr zum Nachteil für das Wild. Damit dies nicht geschieht und die Wildtiere den Winter in Ruhe noch ganz überstehen können, haben die Gemeinden in Zusammenarbeit mit dem Amt für Jagd und Fischerei die sogenannten Wildruhezonen geschaffen. In diesen dürfen sich Besucher nur auf den freigegebenen und auf der Karte eingezeichneten Wegen bewegen und diese nicht verlassen.
Mittels eines kleinen Ausflugs in die Geschichte erklärt Florineth, wie diese Zonen zustande gekommen sind. Noch in den 80er- und Anfang der 90er-Jahre sei das Wild im Winter gefüttert worden, weil man der Ansicht war, dieses so besser durch den Winter zu bringen. Erst nach und nach habe man dann bemerkt, dass dies gar nicht der Natur der Rehe und Hirsche entspreche. Gerade auch weil die Verdauung und der Stoffwechsel im Winter nur auf Sparflamme arbeiten. Zudem hätten sich die starken Tiere einen Platz an der Futterkrippe sichern können, während die schwachen langsam eingegangen seien. Weil sich alle um die Futterstelle drängten wurde eine natürliche Verteilung somit verhindert.
Bessere Lebensräume anstatt Fütterung
Nach und nach, spätestens mit der Totalrevision des Jagdgesetzes 1989, kam man deshalb von der Winterfütterung ab und konzentrierte sich auf die Lebensraumaufwertung und nahm dabei vor allem die natürlichen Wintereinstände der Tiere in den Fokus. Die Wintereinstände sind die Orte, an denen das Wild vorzugsweise in kleineren Gruppen überwintert. Oft sind das steile Südhänge im Wald, an denen der Schnee rasch schmilzt oder den Boden gar nicht so stark bedecken kann. Jägerinnen und Jäger fördern durch Biotophege die Qualität der Einstände zusätzlich, indem sie die Äsungsflächen während ihrer Hegestunden freischneiden.
Durch diese ganzen Massnahmen und Arbeiten seien die Wildruhezonen quasi auf natürliche Art und Weise entstanden, schliesst Curdin Florineth seinen Exkurs in die Wildgeschichte.
Damit die Tiere nun dort auch wirklich ihre Ruhe finden, wurden die Gebiete ausgeschieden und auf Karten eingetragen. Nun ist es in den Wildruhezonen verboten, die Wege zu verlassen, weil dann die Gefahr droht, dass das Wild aufgescheucht wird. Und obacht, der Anordnung zu folgen und auf den Wegen zu bleiben, ist nicht einfach nur ein gut gemeinter Ratschlag, sondern eine Vorschrift. Wer dagegen verstösst, muss eine Busse von CHF 150.00 bezahlen. Und wer weiss, dass im Engadin fast alle Menschen Jäger sind und oft mit Feldstecher unterwegs, folgert richtig, dass ein solches Vergehen fast immer entdeckt und gemeldet wird.
Die Wildruhezonen sind immer vor Ort auf Tafeln eingezeichnet, wer sich aber lieber eine gesamtheitliche Übersicht verschaffen möchte, beispielsweise vor einer Tourenplanung, findet alle Wildruhezonen auf unten stehendem Link. Auf dass die Tiere den Winter gut überstehen und die Tourengänger auch.