Blumen sind herrliche Pflanzen und wachsen überall im schönen Engadin. Ohne Blumen wäre unsere Landschaft öde und langweilig, und ohne Blumen wären auch wir Menschen traurig. Blumen erfreuen viele Wanderer, Spaziergänger und Bergsteiger. Im Engadin wachsen Blumen hoch oben in den Bergen, auf Weiden und im Wald, aber auch in vielen Gärten und Wiesen unten im Tal. Das Wachsen und Gedeihen der Blumen ist vor allem vom Klima abhängig. Leider können wir während der Wintermonate lange keine Blumen geniessen, da bei uns lange Schnee liegt. Oben in den Bergen wachsen aber bald schon wieder typische Blumen, die eher klein sind und oft geschützt sind. So zum Beispiel die schönen, rosafarbenen Alpenrosen, die blauen trichterförmigen Enzianarten, der schöne, gelbe Huflattich, welcher vor allem auf Felsen wächst, im Schnutt wächst der schöne, behaarte Mauerpfeffer und natürlich das wohl allen am besten bekannte Edelweiss.
Unseren Spaziergang beginnen wir unten, sprich in Zernez. Laufen wir aus dem Dorf, sehen wir auf den Wiesen links und rechts überall die ersten Frühlingsboten.
Frühlings-Krokus (Crocus albiflours)
Frühlings-Krokusse werden ca. 8 bis 15 Zentimeter hoch und haben eine Zwiebel. Die Blätter sind grasartig mit weissen Mittelnerven. Die Blüten sind weiss bis dunkelviolett oder weiss und violett gestreift. Sie erscheinen einzeln aus dem Boden, wachsen auf Wiesen und Weiden, meist unten im Tal. Sie kommen sehr häufig vor.
Dann geht’s wieder zurück zur Kirche Zernez, dort kennen wahrscheinlich alle den grossen, alten Kirschbaum, genau gesagt ist dies eine
Süsskirsche/Vogelkirsche (Prunus Avium)
Die Süsskirsche, auch Vogelkirsche genannt, wird bis zu 25 Meter gross und gehört zur Familie der Rosengewächse. Der Name Avium leitet sich vom lateinischen Wort avis für Vögel ab und bezieht sich auf die Früchte. Die Früchte werden gerne von Vögeln gefressen. Die Vogelkirsche ist ein sommergrüner Baum. Die Rinde vom jungen Zweig ist anfangs grün, kahl, glatt, lederartig, glänzend und später rötlich grau gefärbt. Die schwarz-graue Borke löst sich waagerecht langsam ab und wird dann auch Ringelborke genannt. Die grösste Süsskirschen-Produzentin ist die Türkei, die im Jahr 2019 ganze 639'564 Tonnen Süsskirschen produziert hat. Der sogenannte Blütenbecher ist 5 Millimeter auf 4 Millimeter gross und hat die Form eines Kelchs. Die Vogelkirsche blüht von April bis Mai. Auf einem alten, grossen Baum können rund eine Million Blüten blühen.
Von der Kirche geht’s zur Strasse Richtung Clüs, dort finden wir links und rechts vom Wanderweg die
Hundsrose (Heckenrose/Hagebutten)
Die Hundsrose (Rosa canina), auch bekannt als Heckenrose oder Hagrose, gehört zu den Wildrosen. Sie ist die am häufigsten in der Natur zu findende Rosenart, daher auch ihr Name: «Hunds»-Rose bedeutet nämlich so viel wie (hunds-)gemeine Rose, also überall wachsend und nicht klein zu kriegen. Ihre Verbreitung reicht über ganz Europa und den Nordwesten Afrikas vom Tiefland bis in mittlere Höhenlagen bis zu 1'600 Metern. Am passenden Standort kann eine ungestört wachsende Rosa canina bis zu 300 Jahre alt werden.
Die Hundsrose ist vor allem wegen ihrer Früchte bekannt, den Hagenbutten. Sie wird auch Hetschepetschen, Dornäpfel oder Heimhiffen genannt. Schon während der Steinzeit kannte man die vitaminreiche Frucht, welche roh oder gekocht verwendet wurde. Die Hundsrose ist heutzutage fast überall in Europa zu finden. An Weg- und Waldrändern, auf offenen Hängen, in Wäldern, Parks und auch in Gärten. Auch heute noch dient sie als Heilmittel.
Für medizinische Zwecke werden die Früchte mit oder ohne Kerne verwendet. Die Hagebutte sollte frisch verarbeitet oder getrocknet werden. Die Hagebutte sollte aber nicht in Kontakt mit Metall kommen, weil sie sonst dessen Geschmack annimmt. Sie wird wegen ihres hohen Vitamin-C-Gehalts sehr geschätzt. Sie enthält auch Pflanzenfarbstoffe, Vorstufen des Vitamins A und eine Reihe von Fruchtsäuren, Gerbstoffen und Pektin.
Dann laufen wir Richtung Clüs/Munt Baselgia und sehen an den Felswänden
Huflattich (Tussilago farfara)
Der Huflattich stammt aus der Familie der Korbblüter. Der Huflattich wächst als ausdauernde, krautige Pflanze mit einer Wuchshöhe von 10 bis 30 Zentimetern. Die Laubblätter erreichen eine Breite von 10 bis 20 Zentimeter. Die Blätter der Blume sind herz- oder hufförmig. Zeitig im Frühjahr erscheinen zunächst nur die korbförmigen Blütenstände, die etwa 300 weibliche gelbe Zungenblüten und 30 bis 40 männliche gelbe Röhrenblüten enthalten. Erst nach deren Verblühen folgen die Blätter. Die Blüte duftet schwach honigartig. Die Blütezeit beginnt im Februar und dauert bis circa April. Die Huflattiche gehören somit zu den ersten Frühlingsblumen, sie werden von Bienen, Käfern und Schwebfliegen bestäubt, aber auch eine Selbstbestäubung kommt vor. Der Huflattich kommt in Europa, Afrika und in West- und Ost Asien vor. In Nordamerika gilt er als eingeschleppt. Er besiedelt trockene und warme Standorte und auch durchlässige Böden. Der Huflattich gilt als bedeutsame Heilpflanze bei Husten und wirkt schleimlösend. Arzneilich wirksamster Teil sind die Blätter. Der Huflattich gehört zu den ältesten bekannten Hustenmitteln.
In den trockenen Wäldern und im Sumpfboden oben zwischen Clüs und Sivü finden wir mehrere Blumen, so das
Leberblümchen (Hepatica nobilis)
Das Leberblümchen wird ca. 5-15 Zentimeter hoch. Die Grundblätter sind herzförmig, dreilappig, unten meist lila, überwinternd. Die Blüten sind blau-lila, selten rosa oder weiß, mit 5-10 Blütenblättern. Unter der Blume befinden sich 3 kleine, kelchförmige Blätter. Die Frucht ist haarig. Sie kommen vor allem im Wald und auf buschigen trockenen Böden vor (300 bis 1900 Meter).
Oder die
Schneeheide (Erica Carnea)
Die Schneeheide ist ein Zwergstrauch mit dünnen, aufsteigenden Ästchen aus der Gattung der Heidekräuter. Die Schneeheide hat eine Wuchshöhe von bis zu 30 Zentimetern. Am Anfang besitzen die Blüten eine doppelte Blütenhülle. Die Krone einer solchen Blüte ist hellrosa bis rötlich und hat eine Länge von circa 5 bis 7 Millimeter. Der Mund ist schmal-glockig geformt. Aus der Blütenkrone ragen 8 dunkle Staubblätter heraus. Die Schneeheide ist leicht zu verwechseln mit der Besenheide oder auch mit der grauen Heide. Die Blütezeit dauert von Juni bis August. Die Zierpflanze ist in Parks, Gärten und an sonnigen bis halbschattigen Standorten zu finden. Sie wächst in den Gebirgen von West-, Mittel- und Südosteuropa, aber kommt auch in Marokko vor.
Sowie auch den
Echten Seidebast (Daphane Mezrum)
Der Seidelbast ist ein 25-120 Zentimeter hoher, sommergrüner Strauch mit rutenförmigen, behaarten, nur an der Spitze geblätterten Zweigen. Die Blüten sind rosa bis violettrot. Der Echte Seidelbast ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Seidelbaste und gilt in diesem Gebiet als bekanntester und am weitesten verbreiteter Vertreter seiner Gattung. Die Blüten sitzen meistens in Dreiergruppen seitenständig unmittelbar an der Sprossachse. Die Früchte der Blumen sind etwa erbsengross und leuchtend rot. Die Samen enthalten Mezerein und das in der Rinde vorkommende Daphne Toxin. Die Symptome einer Vergiftung zeigen sich unter anderem am Brennen und Anschwellen der Mundschleimhaut, der Lippen und der Zunge. Andere Symptome sind Übelkeit und Erbrechen, Magenbeschwerden, die mit Krämpfen verbunden sind, Durchfall, Schädigung der Nieren, Kopfschmerzen und Schwindelgefühl. Auch der Kreislauf ist von der Vergiftung betroffen, es kommt zu Fieber, Kreislaufkollaps. Die beerenartigen Früchte reifen von August bis September, sie ähneln Steinfrüchten, weil sie in der Mitte einen kleinen schwarzen Steinkern haben. Die Samen der Blüten enthalten 31 % fettes Öl.
Aber erst ganz oben am Gipfel von Munt Baselgia finden wir mit etwas Glück:
Das Edelweiss (Lentopodium alpinium)
Das Edelweiss ist die Blume der Berge und die wohl bekannteste Alpenblume überhaupt. Sie ist besonders geschützt. Es ist eine eher niedrige Pflanze. Die Blätter sehen wie Lanzen aus, unterseits filzig behaart. Die Köpfe sehen wie Dolden aus, sie sind sternförmig und haben weissfilzige Blätter. Innen sind die Blüten gelblich und röhrenförmig. Das Edelweiss wächst auf steinigen Hängen wie auch auf trockenen, steinigen Böden.
Uns bei diesem Artikel geholfen hat Constanze Condradin aus Seraplana. Sie ist Biologin und Botanikerin und hat an der ETH Zürich studiert. Im Jahr 2015 hat Constanze mit Sonja Hassold das Botanik-Exkursionen-Team gegründet. Im Jahr 2020 ist auch Daniela Elmer beigetreten. Das Team bietet Kurse, Exkursionen und Reisen innnerhalb der Schweiz an. Sie haben zwei Auslandreisen unternommmen, nach Montenegro und Albanien und sind in Gruppen bis maximal 10 Personen unterwegs. Bei ihnen lernt man nicht nur, wie die Pflanzen heissen, sondern auch, wie man sie erkennt und zuordnen kann. Sie geben zusätzlich Privatunterricht, führen massgeschneiderte Anlässe durch und halten auf Anfrage auch Vorträge. Wenn man sich für Blumen interessiert, kann man sich für einen solchen Kurs anmelden und mit dem Botanik-Team mehr über Blumen erfahren.