Landschaft der Aue Panas-ch vor der Revitalisierung im Jahr 2017.
Landschaft der Aue Panas-ch vor der Revitalisierung im Jahr 2017. © Walter Abderhalden
Ein Einblick in die Landschaft in der Aue Panas-ch nach der Revitalisierung im Jahr 2020.
Ein Einblick in die Landschaft in der Aue Panas-ch nach der Revitalisierung im Jahr 2020. © Walter Abderhalden

Landschaftsobservatorium – Austausch zum Landschaftswissen

Angelika Abderhalden, UBEVM Julia Murer hat 2024 ihre Masterarbeit zum «Landschaftsobservatorium Engiadina Bassa/Val Müstair» geschrieben. Sie untersuchte verschiedene Typen von Landschaftsobservatorien, sprach mit Personen inner- und ausserhalb der Region und zeigte mögliche Umsetzungen auf.

Die Region Engiadina Bassa/Val Müstair ist für eine Vielfalt an Landschaften bekannt, die für den Tourismus und die Bevölkerung eine grosse Bedeutung haben. Allerdings ist das Wort Landschaft sehr weit fassbar. Alleine beim Lesen der letzten Ausgaben des Allegra kommt der Begriff Landschaft in unterschiedlichen Kontexten vor. Im Allegra Nr. 3 schreibt Thomas Rempfler vom «Konzept der Landschaft der Angst», welches in der Wildtierökologie verwendet wird. Im letzten Heft berichtete Tamara Estermann vom Landschaftswandel während der letzten 111 Jahre im Schweizerischen Nationalpark. Landschaft ist etwas Allgegenwärtiges, allerdings nicht immer Fassbares und vor allem wird sie nicht von allen gleich gesehen. Genau das ist es, was ihre Faszination ausmacht.

Historischer Bewässerungsgräben in Tschlin.
Historischer Bewässerungsgräben in Tschlin. © Angelika Abderhalden

Was ist ein Landschaftsobservatorium?

Der Wert von Landschaft ist auf internationaler Ebene sehr hoch eingestuft. Der Europarat hat dazu die Landschaftskonvention initiiert, um deren Bedeutung zu stärken. Die Grundaufgaben sind folgende:

  • Verschiedene Komponenten der Landschaft in einem ganzheitlichen Ansatz überprüfen
  • Landschaftsveränderungen erkennen
  • Die Landschaft partizipativ und nachhaltig weiterentwickeln
  • Zentren, Institutionen oder Plattformen schaffen, welche die Landschaft beobachten, die gesammelten Daten veröffentlichen und Raum für Diskussionen über die Weiterentwicklung von Landschaft bieten

Um diese Aufgaben zu erfüllen, wurden Massnahmen vorgeschlagen, unter denen die Einrichtung von Landschaftsobservatorien (LO) zu finden sind. Unter einem LO kann man Institutionen, Zentren oder Plattformen verstehen, die den aktuellen Zustand der Landschaft beschreiben, historisches Wissen sammeln, Zukunftsszenarien entwerfen und Wissen und Praktiken der Landschaftspflege austauschen. Dies wurde vom Europarat 2008 beschrieben, ohne jedoch genauere Umsetzungsvorschläge zu formulieren. Deshalb gibt es in Europa inzwischen verschiedenste LO. Diese hat Julia Murer im Rahmen der Masterarbeit kategorisiert und auf ihre Anwendung für unsere Region bewertet. Die beurteilten LO teilte sie ein in Monitoring LO, fotografisches LO, Bewusstseinsbildung LO und Plattform LO.
In der Schweiz besteht ein etabliertes Landschaftsmonitoring (LABES), welches bereits seit 2011 in regelmässigen Abständen die physische und die wahrgenommene Qualität der Landschaften der Schweiz erfasst. Momentan ist die dritte Erhebung geplant. Dazu ist in der Region Engiadina Bassa/Val Müstair ein Pilotprojekt vorgesehen. Für die regionale bis lokale Ebene ist dies jedoch nur bedingt anwendbar. Daher lautete eine Fragestellung der Masterarbeit, wie die verschiedenen europäischen LO funktionieren und wie, daraus abgeleitet, ein potenzielles LO in der Region Engiadina Bassa/Val Müstair umgesetzt werden könnte.

Das Ergebnis empfiehlt die Umsetzung eines Plattform LO, wodurch die Vernetzung und Partizipation gestärkt werden. Wir würden uns freuen, wenn wir von begeisterten Personen, die an Landschaft in all ihren Facetten Interesse haben, auf ein paar Fragen, die in der abschliessenden Infobox verlinkt sind, Rückmeldung erhalten würden.

Verschiedene Landschaftselemente zwischen Guarda und Lavin.
Verschiedene Landschaftselemente zwischen Guarda und Lavin. © Angelika Abderhalden

Wandel der Landschaft – eine spannende Geschichte neu entdecken

Landschaften sind beinahe wie ein Krimi zu lesen. Dies, weil man immer neue Zusammenhänge entdeckt, je mehr man sich damit befasst und je genauer man beobachtend durch die Landschaft geht. Im bereits abgeschlossenen Modellvorhaben INSCUNTRAR war das ein Thema, und es wurden Geschichten und Inhalte entwickelt, die nun für die Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. In der Gemeinde Valsot sind mit der «Valsot App» an 51 Standorten neben vielen Informationen zur Kulturlandschaft auch Refotografien integriert. Der in Vnà startende N-Trail «Blick zurück nach vorne» mit Elementen zu den ehemaligen Bewässerungsgräben, zur Vielfalt der Trockenwiesen und vielem mehr, führt die Besuchenden durch die traditionelle Kulturlandschaft bis nach Ramosch. In Samnaun werden Interessierte auf zwei N-Trails «Wo das Wasser das Licht erblickt» und «Vom Tröpfeln, Plätschern und Fliessen» mit Informationen zu wertvollen Landschaftselementen wie Quellen, Bächen und Bergen begleitet. In Scuol lautet das Thema «Wasser und Vielfalt», und die Informationen reichen von Quellen über Obstgärten bis hin zum Gemüseanbau. Beim N-Trail «Neue Vielfalt am Inn» kann die Entwicklung der Flusslandschaft von Sur En da Sent bis Ramosch entdeckt werden. Auf diesen Wanderungen lässt sich immer wieder Neues entdecken, was vielleicht bis dahin noch nicht bekannt war. Flyer zu den N-Trails sind in den Tourismusbüros oder am Bahnhof Scuol verfügbar.

INSCUNTRAR war im Rahmen der Modellvorhaben «Nachhaltige Raumentwicklung 2020-2024» ein Projekt mit Themenschwerpunkt «Landschaft ist mehr wert» und wurde durch Bund und Kanton unterstützt. Ein erster Schritt besteht nun darin, die Ergebnisse der Masterarbeit von Julia Murer (nationalpark.ch/forschung/landschaftsobservatorium_ebvm/) zur potenziellen Einrichtung eines Landschaftsobservatoriums in der Region Engiadina Bassa/Val Müstair umzusetzen. Damit könnte Wissen zur Entstehung, Nutzung und Weiterentwicklung der Landschaft an einem Ort vereint werden. Ob es sich hierbei um einen definierten Ort handeln muss oder ob alternativ um eine virtuelle Plattform, gilt es noch zu erarbeiten. Falls Sie Interesse hätten, hier mitzuwirken, freuen wir uns sehr, wenn Sie die kurze Umfrage durch Scannen des QR-Codes oder via https://forms.gle/CtNdcUnirkdYjhdv7  ausfüllen würden.

Einen schönen Einblick in Landschaftsveränderungen erhalten Sie an der Vernissage der Sonderausstellung «immer wilder» am 20. März 2025 um 19.00 Uhr im Nationalparkzentrum, Zernez.

 

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